„Die meisten Zeichentricks der Extraklasse beginnen mit umdenken“. Das Zeichnen des Negativraums ist einer davon und ist noch dazu besonders effektiv.
Es ist mir leider noch keine positivere Bezeichnung für diesen tollen Zeichentrick untergekommen. Auch im englischen wird immer von „negative spaces“ gesprochen. Der Ursprung dafür liegt in der Fotografie, in der Belichtung des Negativs, auf dem alles umgekehrt zum Bild zu sehen war.
Worum geht es nun also bei diesem Trick? Ungeübte Zeichner konzentrieren sich fast ausschließlich auf die Objekte, die sie zeichnen möchten (auch genannt “positive Formen”). Sie beachten jedoch meist gar nicht den Raum, der diese Objekte umgibt. Unsere linke, analytische Gehirnhälfte nimmt das „Nichts“ um ein Objekt nicht wahr. Es blendet es einfach aus. Wenn du dich beim Zeichnen nun bewusst auf den Negativraum konzentrierst – also den Raum neben dem Motiv, dann nutzt du gleich mehrere Vorteile:
- Du bekommst eine ganz neue Sichtweise, eine neue Perspektive
- Es ist das Ende deiner Proportionsprobleme beim Zeichnen
- Schwierige Formen lassen sich kinderleicht darstellen
- Du verbindest die Motive automatisch mit der Umgebung – das nennt sich dann bereits “Komposition” und geschieht praktisch nebenbei
- Du wechselst automatisch in die rechte, visuelle Gehirnhälfte, die besser für das Zeichnen geeignet ist. Die linke Gehirnhälfte verweigert sofort den Job (sie befasst sich nicht mit „Nichts“) lies mehr auf meinem Blog unter Zeichnen lernen – wie unser Gehirn funktioniert
Die Anwendung dieser Technik lässt deine Zeichnungen professioneller werden. Du kannst damit schneller zeichnen und gleichzeitig bleiben die Bilder aber ganz stimmig.
Übung: Rucksack zeichnen
Einen Rucksack mit allen den Riemen zu zeichnen, noch dazu wenn sie verdreht sind, ist schon relativ schwierig. Er eignet sich perfekt als erste Übung. Konzentriere dich ausschließlich auf den Raum neben dem Rucksack, zunächst auf den Außenbereich und dann auf die Zwischenräume innen. Wenn Du die “leichten” Umrisse abzeichnest, dann bleibt der schwierige Teil – also der Rucksack – als Restgröße übrig.
Diesen kannst du dann natürlich noch ausschmücken und bemalen. Fertig 😉
Ein tolles Einsatzgebiet dieser Technik ist beim „urban sketching“. Hier werden beispielsweise nicht die einzelnen Häuserblöcke gemalt, sondern der Horizont als Negativraum insgesamt. Ich werde in meinen nächsten Beiträgen noch näher darauf eingehen.
Ich würde mich freuen, wenn ihr den Zeichentrick in Ruhe ausprobiert. Schreibt mir dann, wie es euch damit ergangen ist 😉